Smaragdenten – viel mehr als glänzende Edelsteine!
Sind die Smaragdenten nun eine Allerweltrasse für Individualisten oder doch eine Individualrasse für alle Welt? Wir werden im nachfolgenden Text Aufschluss über diese Frage erfahren. Soviel sei vor- weg erwähnt: sie sind eine vitale, kleine Entenrasse, deren spezifischer Reiz sich keineswegs aus- schließlich am smaragdgrünen Federkleid festmachen lässt.
Ihre Herkunft ist nur vage zu bestimmen. Black East Indian Duck nennt man sie in England, in Frank- reich Canard de Labrador, mitunter auch Buenos Aires Duck. Trotz vielversprechender Geographie in diesen Namen, taugen sie zur einer herkunftlichen Bestandsaufnahme recht wenig. Schade, denn so- mit bleiben die Smaragdenten auch nach über 160 Jahren belegbarer Existenz quasi heimatlos. Ihre Existenz ist in jeglicher älterer und neuerer Geflügelliteratur quer über den Erdball zu finden, leider ohne wirklich fundierte Aussagen zu ihrem Ursprung. Ich fand sie jedenfalls unter Black East Indian erstmalig im Standard for Exhibition Poultry 1863 beschrieben. Wir können aber verbrieft festhalten, dass „schwarze Enten“ zuerst in Nordamerika auftraten und von dort aus ihr Siegeszug in die ganze Welt begann. Es gibt berechtigte Gründe, dass über den damals möglichen Seeweg solch schwarze Enten mit Schiffen über Südamerika und Indien ihren Weg nach Europa nahmen. Diese neuen Enten wurden von der damaligen Züchterwelt regelrecht aufgesogen und gottlob in großer Zahl verbreitet. Ihr Federkleid brilliert geradezu in den leuchtenden Grünnuancen eines Edelsteines – dem Smaragd. Kein Name hätte treffender ausfallen können, als eben Smaragdente.
Sehen wir von stilistischen Feinheiten einmal ab, so konnte sich die Smaragdente bis heute ihr ursprüngliches Erscheinungsbild erhalten. Das Fersengelenk muss immer gut sichtbar sein, sonst droht merklicher Punktabzug. Der Wiedererkennungswert dieser Rasse ist enorm. Prägnanter Schwerpunkt ist sicher das schimmernde Federkleid. Wer sich noch etwas tiefer in die Materie der Smaragdente einbindet, fügt das sichtbare Fersengelenk mit an. Wer beides mitbringt hat natürlich die Nase weit, weit vorne. Jedoch stehen all diese Eckpunkte in der Bewertung hinter der Form, auch und gerade bei der Smaragdente. Längliche Körperform, allseits gut gerundet. Die Spitzenzuchten stellen uns seit Jahren formvollendete Tiere in einer Fülle in die Käfige, da kann ich nur sagen: Herz, was willst du mehr? Alles was hier puppig, gnomenhaft oder gedrungen erscheint, landet ebenso im Kochtopf wie dien langen Kerls a la Hochbrutflugenten. Der erste Blick muss sitzen! Edle, ansprechende Linienführung, davon lebt die Smaragdente, nicht von Extremen. An allen Seiten sanfte Rundungen, ohne verspielt zu wirken. Die Haltung fast in der Waagrechten, so eben vorne einen Tick angehoben, mehr nicht. Das passt meist, also kein Grund zur Sorge. Im Rücken nur leicht gewölbt, die Flügel gut eingebaut, kaum sichtbar. Sie sind verhältnismäßig lang, schließlich reden wir von einer flugfähigen Entenrasse. Wenn sich die Schwingen kreuzen, dann bitte noch in dem Bereich, wo beim Erpel die Locken sitzen. Es gibt Kandidaten, die schießen bereits ordentlich über das Ziel, also das Schwanzende hinaus. Bei der Bewertung hinschauen und Einhalt gebieten. Dieser Satz entbindet aber die Züchterinnen und Züchter nicht, auch im Zuchtstamm diesem Manko mehr Beachtung zu schenken. Voll, rund, leicht hervortretend, so wünschen wir uns bei dieser kleinen Entenrasse die Brust. Mehr als verpönt sind leere, schlaffe Brüstchen, bei denen es vom Unterhals ohne Brustwölbung, karg und flach, schnurstracks zum Bauch geht. So etwas lässt sich nicht gänzlich mit der Fütterung entschuldigen. Die Unterlinie ist glatt – Punkt! Kein Absatz, keine Welle, einfach nur glatt. Der Schwanz ist knapp bemessen und wird in einer Linie zu der fast waagrechten Körperhaltung getragen. Smaragdenten sind am Hals kurz veranlagt. Dieser darf nicht zu dick sein. In feiner Linie verbindet er Kopf und Rumpf. Harmonie in der Verhältnismäßigkeit, so würde ich dieses Thema umschreiben. Ein Smaragdkopf ist nun mal das Bindeglied zwischen Zwerg- und Hochbrutflugente. Möglichst kurz, nur leicht gezogen, harmonische Wölbung ohne hohe Stirn, Backen nicht sehr betont – soweit der Standardtext. Wir wünschen einen sanft ansteigen- den Stirnbogen, der sich in seiner Linienführung bis zum höchsten Punkt am Kopf fortsetzt um dann in die Hinterkopfrundung überzugehen. Die Augen lebhaft und dunkel. In der Kehle nicht so lang und verschliffen wie die Hochbrutflugenten, aber dennoch deutlich gestreckter und freier als die Zwergenten. Manchmal gibt es Vertreter, die in der Kehle zu knapp und voll bemessen sind, ja fast zur Wamme neigen – Vorsicht ist angesagt! Der Schnabel soll gemäß den Regularien, kürzer als mittellang sein. Smaragdenten leben von ihrer Verhältnismäßigkeit, bei ihnen darf nichts lang oder kurz wirken, nichts dick oder dünn, nichts groß oder klein – kurzum: die Proportionen müssen zueinander passen. Den Hinweis: leicht eingebogene Firstlinie, möchte ich deutlich anmerken! Die Bewertungen sollten auch auf kleinen Schauen steht ́s standardkonform sein. Beim Erpel ist der Schnabel sehr dunkeloliv- grün, mit einem großen, von der Schnabelwurzel bis fast zur Spitze und den Seiten reichenden, dunklen (für mich schwarzen) Sattelfleck bedeckt. Ein unabdingbares Muss! Erpel, bei denen im ersten Jahr mehr Grün als Schwarz zu sehen ist, sind gänzlich fehl am Platze. Bei der Ente ist der Schnabel schlichtweg schwarz, ein wenig dunkelgrün oder dunkelgrau, gerade eben an der Schnabelspitze, ist erlaubt. Gelbmelierte Unterschnäbel bedeuten das sofortige Aus. Angesichts dieser Farbstofffülle haben beide Geschlechter selbstverständlich auch eine schwarze Bohne. Die Schenkel mittellang, vom Gefieder weitgehend bedeckt. Soll einfach heißen, dass wir an den Seiten schon ein wenig vom befiederten Unterschenkel sehen. Wir sollten uns an diesem Kriterium nicht festbeißen wollen. Wo wir aber äußerste Prioritäten setzen, ist natürlich an dem deutlich sichtbaren Fersengelenk. Genau diese Eigenschaft steht auch bei den Krummschnabelenten im Standard, und das ist mehr als gut so! Beide Rassen stehen ordentlich luftig – da pfeift der Wind durch. Wer den Rumpf tief zwischen den Läufen trägt, bleibt bei der Preisverteilung auf der Strecke. Ich denke, es macht Sinn, an dieser Stelle auch einmal den Hinweis zu bringen, dass Amerikaner und Engländer dem Fersengelenk keineswegs einen so hohen Stellenwert zurechnen, wie wir es tun. Im Standard der Smaragdenten steht: Läufe etwas hinter der Körpermitte. Punktum haben die Läufe hinter der Körpermitte zu sitzen. Die Aussage würde gewichtiger und meines Erachtens bedeutend treffender, ohne das Wörtchen „etwas“ ausfallen. Am Zuchtstand gemessen, kann heute die Aussage getroffen werden, dass die Läufe der Smaragdenten schwarz sind. Im Alter hellen diese auf, das nehmen wir zur Kenntnis – ist genetisch nun mal so. Bleibt die Ringgröße 11 für Erpel und Ente nachzutragen. Mit einem Gewicht von 1,2kg für den 1,0 und 0,9kg für die 0,1 wird die Abgrenzung zu den beiden anderen kleinen Entenrassen deutlich. Übergröße und Zwergenhaftigkeit werden hart gestraft.
Keine andere Entenrasse brilliert durch solch einen Lackreichtum auf dem Gefieder wie diese. Tiefes Schwarz mit rein smaragdgrünem Glanz – so will es der Standard, so wollen es die Preisrichter, so muss es sein, um in die Punkte zu kommen. Es ist eigentlich Usus über fehlenden Glanz zu sinnieren – wer den nicht hat, ist keine Smaragdente! Glänzt der Spiegel in feinstem Grün, werden Punkte gesammelt. Dieser warme, weiche Grünton, welcher das an sich blass schwarze Gefieder zu einem glänzenden Edelstein erhebt, zieht die großen und kleinen Betrachter wie magisch in seinen Bann. Mit je- der Bewegung, mit jedem wechselnden Lichteinfall, scheint sich dieses Grün zu bewegen und bleibt dennoch aus jedem Blickwinkel heraus sichtbar – für mich immer wieder faszinierend. Blau- oder Purpureinlagerungen sind als grober Fehler zu vermerken. Vorsicht mit Bronzebänderung auf den großen Deckfedern, das mögen wir nicht. Wie selbstverständlich wird weiß im Gefieder als grober Fehler geahndet. Als Zwei- und dann als Mehrjährige so wie so, neigen die Smaragdenten aufzuhellen. Das bedeutet, Farbstoff geht verloren und einzelne Federn bilden sich rein weiß nach. Bei den Enten ist dies vorrangiger als bei den Erpeln zu bemerken. Es mag sich durch den stärkeren Farbstoffverlust, bedingt durch die Ablage der doch sehr dunklen Eier, erklären. Wer bereits als Jungtier einzelne weiße Federn zeigt, sei ein edler Lackvertreter. So sagen die Züchter, und die müssen es alle- mal am besten wissen. Natürlich werden diese vor dem Einsetzen in den Ausstellungskäfig geputzt.
Ein energischer Fingerzeig zum Putzen eines weißen Kehlflecks. Das macht man nicht! In der heutigen Zeit ist es ohne Weiteres möglich, seine Zucht ohne dieses Manko aufzubauen. Kompakt und straff sollte das gesamte Federwerk anliegen. Wie aus einem Guss – nur wer das mitbringt, spielt in der Königsklasse!
Smaragdenten sind in ihrem Wesen eher als ruhig zu bezeichnen. Sie brüten sehr gerne selbst, wenn man sie denn lässt. Das schließt keinesfalls die Kunstbrut aus. Meist handhaben es die Züchter so, dass die ersten Eier in die Brutmaschine wandern und zum Schluss der Ente die Eier zum Ausleben ihres Mutterinstinktes bleiben. Zu Beginn der Legetätigkeit sind die Eier schwarz und werden im Verlauf immer heller, bis hin zu einem dunklen Grün. Schlüpfen dann die kleinen, quirligen Kerlchen aus dem Ei, ist der schwarze Flaum meist von einem leichten gelben Schimmer überzogen. Rasch wachsen die possierlichen schwarzen Knäuel heran und befiedern sich recht schnell. Wer neben den Smaragdenten auch größere Entenrassen hält, sollte zumindest im Kükenalter, eine getrennte Haltung vor- nehmen. Das Anlegen der Fußringe erfolgt bei den Smaragdenten recht früh, also immer ein wachsames Auge auf die Stärke der Läufe richten.
Immer wieder taucht die Frage auf, was kann ich zufüttern um den Lack meiner Tiere zu verbessern? Selbstverständlich können ölhaltige Sämereien zum Verlängern oder Intensivieren des geforderten smaragdgrünen Glanzes beitragen, wer diesen Lackreichtum jedoch nicht in seinen Genen trägt, dem wird man ihn keinesfalls anfüttern können. Die Färbung der Federn wird hauptsächlich durch das braune bis schwarze Pigment Melanin hervorgerufen. Auch die Carotinoide zählen zu den Pigmenten. Durch das Zusammenspiel der Pigmente mit den Licht reflektierenden Lufteinlagerungen in den Federn entstehen dann grüne, blaue und schillernde Farben. Das Sekret der Bürzeldrüse schützt, verstärkt oder verändert die Farbe. Zusammenfassend kann die Aussage getroffen werden, dass diese Färbung nur an einem intakten Federwerk zum Tragen kommt. Enten sind Wasservögel, welche ihr tägliches Baderitual geradezu zelebrieren. Die Gefiederbeschaffenheit als Indikator für eine artgerechte Haltung – Enten in „Trockenhaltung“ können niemals mit einem glänzenden Gefieder aufwarten!
Wie fällt das Resümee zum Schluss aus? Smaragdenten sind eine Entenrasse mit markanten Eigenschaften, in die man sich bereits auf den ersten Blick verliebt. Sie haben sich ihre Bodenständigkeit und Natürlichkeit bewahrt, darauf sollten wir auch in Zukunft achten. Ihr Zuchtstand ist als ausgesprochen hoch anzusetzen. Zuchttiere sind auf den Ausstellungen zu angemessenen Preisen zu erwerben. Sie sind leicht aufzuziehen und auch in kleineren Volieren gut zu halten. Bei einer Stammgröße von 1,3 ist ausreichend Nachzucht gewährleistet. Die Beschickungszahlen zu den Ausstellungen schwanken beträchtlich, umso erfreulicher war die dargebotene Qualität und Quantität im letzten Jahr in Erfurt. Warum jetzt nicht in das Unternehmen grün glänzender Edelsteine einsteigen? Neue Züchter sind bei den Smaragdenten immer gerne willkommen.
Paul-Erwin Oswald
Über den Author: Erzüchter der Altrheiner Elsterenten, Author zahlreicher Fachartikel zur Geflügelzucht und von 2007 bis 2024 Vorsitzender im Sonderverein der Entenzüchter Deutschlands e.V.
Seit Sommer 2024 weiterhin als Ehrenvorsitzender für den Verein tätig.