2002 – Hochbrutflugente

Die Hochbrutflugenten stehen 2002 im Blickfeld

Im Rahmen seiner Aktion „Entenrassen im Blickfeld“ möchte der SV der Entenzüchter dieses Jahr die Hochbrutflugenten würdigen. Sie blicken auf eine 100 jährige Geschichte zurück. Ihre Wiege stand auf dem Hof des Ortsrichters und Landwirts Günther in Blumberg/Sachsen. Dieser war so ein richtiger Geflügelnarr und er hatte die bodenständigen Rassen schätzen gelernt. Als Anhänger guten Geflügelfleisches, mundete ihm besonders das zarte, dunkle Brustfleisch der Stockenten. So begann er seine Landenten mit einem Stockentenerpel zu verpaaren.

Deren Nachzucht wuchs rasch heran, hatte vielerlei Farben, vorzügliche Fleischqualität und dennoch, so ganz zufrieden war Günther immer noch nicht. Im folgenden Frühjahr stellte er einen schwarzen Erpel mit weißer Brust in die Zucht, dieser resultierte aus Smaragderpel x Stockente und kam aus dem Oldenburger Land nach Sachsen. Nachzucht gab es reichlich in den nächsten beiden Jahren. Nachts ruhten die Tiere auf nahe gelegenen Teichen, tagsüber tummelten sie sich die Enten auf dem Hof. Im Frühjahr des zweiten Jahres vermisste Günther eine gelbe Ente. Sie hatte unbemerkt auf einem Holzstapel ihr Nest gebaut. Man lies die Ente gewähren und voller stolz präsentierte sie dann 15 Küken, welche alle unbeschadet den gewagten Sprung aus luftiger Höhe schafften. Den Sommer hindurch blieb die ganze Schar auf freiem Gewässer und erst im Herbst, als das Futter langsam knapp wurde kamen alle wieder auf den heimatlichen Hof. Sie flogen nach belieben ab, zeigten im freien die Eigenschaften der wilden Stockenten, im Hof dagegen die Zutraulichkeit von Hausenten. Bereits Höhen erprobt, erkor die Altente den Strohwisch in einem Jauchefass als idealen Brutplatz. Das Fass jedoch wurde benötigt und kurzerhand versetzte man Strohwisch samt Eier auf ca. 3m lange Stangen. Der Ente war ́s egal, sie nahm ohne zu zaudern die neue Nistgelegenheit an. Von nun an wurde streng darauf geachtet, dass nur noch Enten, welche aus höher gelegenen Nestern entschlüpften zur Zucht eingestellt wurden. Was lag näher als diese Enten nach ihren Eigenschaften, eben Hochbrutflugenten zu nennen. Im Vergleich der zeitlichen Angaben von Baldamus/Beek und Richard Römer von der Versuchsanstalt Halle an der Saale, der übrigens ein grosser Anhänger dieser Rasse war, so kommt man auf das 1902/1903 als Geburtsstunde der Hochbrutflugenten.

Bevor in die Beschreibung wir uns die Beschreibung der Rasse vertiefen, möchte ich noch ein paar Erläuterungen zur Aktion Entenrassen im Blickfeld geben. Die Rasse wird jährlich wechseln, für 2003 sind die Aylesbury- und Orpintonenten vorgesehen. Natürlich sollten die Hochbrutflugenten auch auf den Ausstellungen im besonderen Blickfeld erscheinen. Da sind den Züchtern aber auch den Ausstellungsleitungen keine Grenzen gesetzt. Besonders geschmückte Käfige oder Volieren, der SV gibt eine Rassebroschüre heraus mit vielen Infos von A wie Abstammung bis Z wie Züchteradressen. So kann sich der eifrige Sammler im Laufe der Zeit ein hübsches Gesamtwerk über die Entenrassen schaffen. Für die örtlichen Pressevertreter, sind solche Präsentationen ein vorzüglicher Aufhänger, in der meist etwas trockenen Schauberichterstattung.

Bei der Hochbrutflugente steht die Bootsform und der trockene Kopf im Vordergrund. Die Unterlinie soll glatt sein, ohne den oft störenden Absatz in der Aftergegend. Brust rund, wenig hervortretend. Der Rücken leicht gewölbt, zweimal so lang als breit. Er wird gut von den recht langen Flügeln bedeckt. Sie können ein wenig kreuzen, sehen wir ausgeprägte Scherenflügel droht Punktabzug. Einen treffenderen Ausdruck als keilförmig, habe ich für den Kopf noch nicht gefunden. Die Schnittigkeit des Kopfes wird durch das recht hoch sitzende Auge noch untermauert. Die Stirn ist glatt und steigt in gerader Linie bis zum Bogen am Hinterkopf. Kantige Hinterköpfe und eckige Übergänge vom Schnabelwurzel zum Kopf entwerten den harmonischen Gesamteindruck. Der Schnabel verhältnismäßig lang, da kommen mir manche schon etwas zu lang daher, diese zeigen bereits einen unschönen Bogen. Anleihe bei den Krummschnäbeln geholt? Gut geschlossen und waagrecht wird der Schwanz getragen, dabei ist auf die Lockenbildung der Erpel zu achten. Mitunter findet man nur ein angedeutetes Löckchen. Die richtige Standhöhe mausert sich allmählich zum Problem der Hochbrutflugenten. Das zieht sich durch alle Farbenschläge, da machen nur ganz wenige Zuchten eine Ausnahme. Die Burschen stehen einfach zu hoch, sichtbare Fersengelenke gehören den Smaragdenten aber nicht zu den Hochbrutflug. Das kann nur durch Zuchtauslese verbessert werden, die Sonderrichter weisen immer wieder darauf hin. Leider ist das Musterbild im Standard nicht gerade das beste, auch hier gehört der Körper tiefer angesetzt. Im ganzen glatt und fest anliegend, wünschen wir uns das Gefieder. Für die fliegenden Hochbrut ist es wichtig ihr Gefieder ständig in einem Top-Zustand zu halten, das setzt natürlich Badegelegenheit voraus, wovon die Tiere gerne und ausgiebig Gebrauch machen. Im gesamten Erscheinungsbild sind die Hochbrutflugenten etwas schwerer als die Stockenten, da schleichen sich gerade bei den wildfarbigen, ich möchte sie einmal einfache Teichenten nennen, in die Käfige.

15 Farbenschläge mit und ohne Haube zugelassen bieten ein breites Spektrum für die züchterische Schaffenskraft. Im Kleid der Stockenten präsentieren sich die wildfarbigen. Hier ist auf nicht so starkes Afterweiß der Erpel zu achten, sowie eine klare Zeichnung auf den großen Deckfedern der Enten. Immer wieder gibt es Beanstandungen an der Schnabelfarbe der Enten, die ja bekanntlich braungelb mit schwarzer Sattelzeichnung und Bohne sein soll. Wenn schon Enten mit grünen Schnäbeln zur Verbesserung der weidengrünen Schnabelfarbe der Erpel herangezogen werden, dann dürfen diese aber nicht ausgestellt werden. Ein Schattendasein führen die dunkel-wildfarbigen. Zweifelsohne ist die Farbe existent, leider werden keine Tiere davon ausgestellt. (Inzwischen befassen sich einige Züchter mit diesem Farbenschlag und zeigen ihn in sehr guter Qualität – Die Aktion hat so bereits seit 2002 stetig Früchte getragen). Der Erpel eine ganzen Ton dunkler als die wildfarbigen , die rote Brust und der Halsring verschwindet, das ist dann alles grau-braun bis zum After. Auch die Enten bleiben in der Grundfarbe dunkler. Beide Geschlechter ohne weiße Spiegeleinfassungen. Die Krummschnabelenten zeigen diese Farbenspiel, streichen wir den Latz und die weißen Flügelfedern, dann sind wir richtig. Entenrassen im Blickfeld eine ausgezeichnete Gelegenheit die dunkel-wildfarbigen der Öffentlichkeit zu präsentieren. Bitte auch als gesonderten Farbenschlag melden und nicht einfach zwischen die wildfarbigen stellen. Keine Angst, da werden die Sonderrichter mit dem nötigen Fingerspitzengefühl für seltene Farbenschläge herangehen. Gute Fortschritte können die silber-wildfarbigen vermelden. Kopf und Form werden immer besser, auf die richtige Größe muss geachtet werden. In den Flanken können die Erpel noch etwas reiner werden. Für die Enten bleibt die braune Bürzelfarbe mit dunklen Tupfen zur Verbesserung, ebenso die Spiegeleinfassungen in beiden Geschlechtern. Auch bei den blau-wildfarbigen sind Kopf und Bootsform fest verankert. In der Erpelklasse gibt es wenig Anlass zur Kritik schon mehr in der klaren Zeichnung der Enten. Da fehlt es besonders bei den Deckfedern oder die Säumung ist offen. Auf harmonischen Größenverhältnisse ist bei den wildfarbig gescheckten zu achten, da sind einige schon recht groß und grob im Körper. Sonst eine herrliches Farbenspiel mit den weißen Abzeichen und der wildfarbigen Grundfarbe. Mir stellt sich die Frage, wann werden die ersten blau-wildfarbig gescheckten vorgestellt. Das dürfte für die engagierten Züchter doch kein Problem darstellen. Wunderschöne Farben- und Formentiere finden wir bei den wildfarbigen- und blau-wildfarbigen mit weißem Latz. Der weiße Latz bereitet keinerlei Schwierigkeiten und die Grundfarben sind ok. Es bleibt gleiches anzumerken wie für die wild- und blau-wildfarbigen – korrekte Säumung der Enten zu beachten. Etwas rückläufig sind die Meldezahlen der weißen Hochbrutflugenten, das schmälert die Qualität aber keineswegs. Ab und zu schleichen sich einige Vertreter in die Käfige deren Gefieder und somit auch das weiß eine saubere Badegelegenheit vermissen lässt. Noch ein Wort zum weiß, selbstverständlich wird bei der Bewertung im Herbst auf das Mausergelb Rücksicht genommen. Ein Punkt der in der jetzt anstehenden Überarbeitung des Standardtextes Berücksichtigung finden wird. Im starken Aufwind befinden sich die schwarzen Vertreter. Erfreulich auch der grüne Lack wurde verbessert, ebenso Kopf und Form. Trotz der einstigen Anleihe mit Smaragdenten stehen die schwarzen gerade mal ebenso hoch wie die anderen Farbenschläge. Kopf und Schnabelfarbe sind in Ordnung, die dunkle Lauffarbe darf nicht aus

dem Blickfeld geraten. Etwas mehr Lack können die schwarzen mit weißem Latz vertragen. Auf die richtige Größe muss geachtet werden. Die blauen sind in der Farbe inzwischen besser geworden. Putzen ist erlaubt, das heißt, einzelne schwarze Federn dürfen gezupft werden. Davon sind Flügel und Schwanz ausgenommen. Kopf und die Schnabellänge können noch verbessert werden. Einen feinen Eindruck machen auch die blauen mit weißem Latz. Hier gilt gleiches wie für den einfarbigen Farbenschlag. Edler in Kopf und Hals sollten die schwarz- und blau- weißgescheckten werden. Die gleichmäßige Scheckung wird immer besser. Elsterscheckung ist noch Zukunftsmusik, ist aber nicht unmöglich, wenn man sich die gezeigten Tiere betrachtet. Die blau-gelben werden stetig verbessert und die schwarzen Bohnen haben ausgedient. So langsam kommen die Augenzügel bei den Enten, ganz nach dem Vorbild der Sachsenenten. Der geschlossene Halsring beim Erpel ist weiter anzustreben auch die gerieselte Brustfarbe kann noch verbessert werden. Für diesen Farbenschlag wird es im neuen Standardtext Ergänzungen geben. Selbstverständlich sind alle Farbenschläge auch mit Haube zugelassen. Diese sitzt dann kugelförmig fest und geschlossen, nicht all zu groß am Hinterkopf.

Da sollte sich doch eine Farbe finden und für die Individualisten bleiben ja noch gelbe und khakifarbige Hochbrutflugenten als fehlende Farbenschläge.

Paul-Erwin Oswald

Paul-Erwin Oswald

Über den Author: Erzüchter der Altrheiner Elsterenten, Author zahlreicher Fachartikel zur Geflügelzucht und seit dem Jahr 2007 Vorsitzender vom Sonderverein der Entenzüchter Deutschlands e.V.

Zudem präsentiert er in seinem Gimbsheimer Entenmuseum Gemälde, Porzellanfiguren, Bücher, Zeitungen, Briefmarken und vieles mehr über die Entenzucht und somit auch einen großen Fundus für und vom Sonderverein der Entenzüchter.

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