2004 – Amerikanische Pekingente

Amerikanische Pekingenten

Sie stehen dieses Jahr neben den Pommernenten als Entenrasse im Blickfeld. Inzwischen hat sich unsere SV Aktion für die auserwählten Rassen als sehr werbewirksam erwiesen.

Vor jedem Bericht heißt es Stöbern, Suchen, Recherchieren. Zuerst kommt die alte Literatur auf den Tisch, als zweites folgt das Internet. Pekingenten eingeben und schon beginnt die Suchmaschine mit ihrer Arbeit. Da erschienen sofort hunderte Restaurants mit Pekingente auf dem Speiseplan. Es gab aber auch den Hinweis auf die Super-Pekingente M76. Nein, nein liebe Züchter/rinnen dabei handelt es sich nicht um eine Spaßseite, wie auch ich zuerst angenommen hatte. Vielmehr wird eine Ente angepriesen, die mit 6-8 Wochen ein Schlachtgewicht von 3200g – 3500g erreicht. Stolze Leistung dachte ich und suchte munter weiter. Mindestmastzeit 49 Tage – die Vorzüge einer Haltung auf Draht – unverzichtbare Impftermine – Laktose im Futter spätestens jetzt bekommt wohl selbst der routinierteste Rassegeflügelzüchter Gänsehaut. Selbstverständlich gehört auch der Wirtschaftliche Aspekt zu dieser Rasse, aber ganz persönlich vertiefe ich mich da viel lieber in die Geschichte der Peking- Enten.

In der Literatur sind die Angaben über die Haustierwerdung von Enten nicht immer eindeutig. Die ältesten Darstellungen von Hausenten gehen auf das Jahr 2000 vor Christi zurück. In dieser Zeit wurde in China die Entenzucht bereits sehr erfolgreich betrieben und man höre und staune, die künstliche Brut angewandt. Schriftzeichen der Hindukultur geben Hinweise auf eine Entehaltung in Indien, aber auch in Vorderasien fand man zahlreiche Siegel, Anhänger sowie Gewichte in Entenform. Unsere Pekingenten gehen auf weiße chinesische Enten bis in das Jahr 1472 zurück, so schreibt Stromberg in seinem Buch poultry of the world. Es ist anzunehmen, dass sowohl Amerikanische- und Deutsche Pekingenten aus 1872 durchgeführten Importen stammen. Diese chinesischen Enten mit der angehobenen Haltung erregten sofort viel Aufsehen in der Züchterwelt. Während Züchter aus England und Deutschland mehr Wert auf eine aufgerichtete Haltung legten, war man in Amerika von Beginn an auf eine wirtschaftliche Form dieser Enten fixiert. Ich möchte anmerken, dass bis heute in Amerika keine Deutschen- und in England keine Amerikanischen Pekingenten anerkannt oder gar im Standard zu finden sind. Ob in der Folgezeit Aylesburyenten in die Zucht der Amerikaner einflossen ist nicht näher beschrieben aber zumindest sehr wahrscheinlich. Wie Pilze wuchsen in Amerika riesige Entenfarmen aus dem Boden. Größenordnungen mit 100.000 Tieren und mehr waren damals keine Seltenheit. Heute finden wir natürlich weit stattlichere Zahlen und die gesamt Tierzahl liegt inzwischen im zweistelligen Millionen Bereich, allein in Amerika. Echte Amerikanische Pekingenten fanden kurz nach der Jahrhundertwende ihren Weg über den großen Teich zu uns zurück. Bereits 1910 wird in „Der Entenzüchter“ einer Zeitschrift für die Verwertung deutscher Tafelenten ganz ausführlich über Zuchterfolge, Legeleistung und Mastverlauf aus dem Jahr 1908 berichtet. Ab 1925 wird dann in unzähligen Broschüren über die neue Rasse geschrieben. Stellvertretend möchte ich „Praktische Entenzucht und Haltung“ von Frau von Treuenfels und „Legenten u. Mastenten“ von Heinz Friese beide um 1930 erschienen nennen. In den Amerikanischen Standard of Perfection wurden die Pekingenten 1874 aufgenommen. Die erste Musterbeschreibung der Deutschen Landwirtschaftsgesellschaft datiert auf das Jahr 1919 und erstmals ausgestellt wurden die Peking- enten amerikanischer Zuchtrichtung bei der 18. Nationalen Rassegeflügelschau 1921 in München. Der Siegeszug als Wirtschaftsrasse war ihnen als Rassegeflügel nicht beschieden. Große Meldezahlen konnten sie nie verzeichnen. Zu gern erinnere ich mich an H. Böse aus Barrien, der 1962 mit Amerikanischen Pekingenten den goldenen Siegerring errang. Nach der Verleihung stellte sich mir, damals noch ein kleiner Knirps die Frage: ob dieser Mann jetzt mit diesen Enten verheiratet war? Seine Antwort:…irgendwie schon. Leider brachte auch dieses Highlight nicht den gewünschten Auftrieb an Züchterzahlen. Es ist sicher ein Verdienst des SV der Entenzüchter, dass Qualität und Quantität der in den letzten Jahren vorgestellten Tiere stetig einen Schritt nach vorne machen. Kurz um Hut ab meine Herren und ich glaube da war auch eine Dame unter dem Züchterkreis, das ist zweifelsohne sehenswert was in den Käfigen steht. Es geht aufwärts bei den Amerikanischen Pekingenten, weiter so!

An dieser Rasse gibt es keine Schnörkel oder verspielte Feinheiten – Geradlinigkeit ist angesagt. Form, Figur und Farbe, alles kompakt und direkt. Da ist es wichtig beim Züchten nicht nur auf den Phänotyp, also das äußere Erscheinungsbild zu achten sondern auch auf den Genotyp, welcher die nicht sichtbaren Erbanlagen umschließt. Nein, nein die Amerikanischen Pekingenten gehören keinesfalls in die Kategorie „einfach“ – ganz im Gegenteil. Gut Ding braucht Weile, da nehmen sich auch die Amerikaner nicht aus. Vergessen wir jetzt alles was uns auch nur wage an Wirtschaftsgeflügel erinnert und widmen uns vollends dieser zauberhaft anmutenden schlichten Eleganz mit all ihren Feinheiten die in dieser Rasse stecken.

Ein edler Kopf und anmutig gebogener Hals sitzen auf einem rechteckigen, seitlich gut gerundetem Körper mit weißem, fest anliegendem Gefieder. Dieser Satz spricht Bände und gilt als Leitfaden beim Züchten. Zur Rechteckform müssen Ober- und Unterlinie parallel verlaufen. Stark gewölbte Rücken sind verpönt. In der Unterlinie setzen die Enten am Hinterteil mit einem kleinen Legebauch ab. Gut so irgendwo müssen die Eier für die künftigen Generationen ja her kommen. Wobei ich das Wörtchen „klein“ noch jahreszeitlich definieren möchte. Oft beginnen die Enten bereits Ende Oktober mit dem Legen, aber ich denke da be- weisen die Preisrichter ausreichend Fingerspitzengefühl. Den Erpeln bleibt dieses Zugeständnis versagt. Hat da jemand etwas mit Aylesburyenten angezettelt oder einfach nur zu gut gefüttert? Wie auch immer, Tiere mit Bauchwamme und – oder Kiel wie sie in den letzten beiden Jahren vereinzelt zu sehen waren, bereichern den Speiseplan der Züchterfrau ungemein. Der Körper sollte nur wenig angehoben getragen werden, also fast in der waagrechten liegen. An diesem Lapsus können einige Zuchten noch recht viel arbeiten.

Um ein Gewicht von 3,5kg bei den Erpeln und 3,0kg bei den Enten zu erreichen, muss der Körper recht lang gestreckt und an den Seiten voll gerundet sein. Wird der Habitus zu klein, wirkt alles gedrungen und plump. Ich möchte es so ausdrücken – einfach unästhetisch. Ein leicht gewölbter breit angesetzter Rücken drückt unweigerlich Kraft und Masse aus. Muskulös und austrainiert, wie ein Zehnkämpfer beim Wettkampf. Wer so im Käfig steht hat schon die Nase vorn. Geschlossen und fest am Körper liegen die nicht zu langen Flügel an. Kreuzen dürfen sie nicht. Der recht lange, gut entwickelte Schwanz wird geschlossen und im leichten Winkel zum Rücken getragen. Ein angezogener Kaninchenschwanz gilt als Fehler.

Wenige Zentimeter hinter der Körpermitte sind die Läufe eingesteckt. Dunkelgelb bis Orangefarbig mit hellen Krallen sollen sie sein. Damit bleibt genügend Bandbreite in der Zucht und in der Bewertung. Einem Zehnkämpfer ebenbürtig stehen die Amerikaner auf kräftig ausgebildeten Läufen. Beleg dafür – die Ringgröße 18 in beiden Geschlechtern. Neueinsteiger aufgepasst, der Zeitpunkt des Beringens darf nicht in Vergessenheit geraten, die Halbwüchsigen können mitunter recht knochig sein. Und die Schenkel? Bei den Amerikanern keine große Sache, sie sitzen recht glatt in den Flanken.

Ich möchte es mal ganz nüchtern und sachlich so beschreiben: vordringlich sind immer noch Kopf und Halspartie zu verbessern. Grobe, derb anmutende Köpfe und dicke Hälse, das passt einfach nicht zusammen. Der Standard fordert einen länglichen Kopf mit glatten Backen bei leicht ansteigender Stirn. Im Folgetext lesen wir: Schädel nicht zu hoch, aber auch nicht zu flach. Alles, aber auch wirklich alles was uns an Deutsche Pekingenten erinnert wird konsequent gestraft. Angefangen von B wie Backen über F wie Frisur bis S wie Stirn. Mitunter erkennen wir einen unschönen vollen, vereinzelt auch zu kurzen Kehlschnitt. Also bei der Zuchtauslese einmal mehr hinschauen. Wir wünschen keine filigranen Hälse wie wir sie von den Cayugaenten kennen, aber Adel und Anmutigkeit ist unabdingbar. Die Proportionen der einzelnen Körperteile ergänzen sich bei den amerikanischen Pekingenten zu einem harmonischen Gesamtwerk. Die dunklen Augen sitzen nicht allzu hoch im Kopf.

Verhältnismäßig lang und breit ist der Schnabel. Leicht hohl bleibt die Firstlinie. Eine mini- male löffelartige Ausbildung ist weder Vorzug noch Fehler. Als Schnabelfarbe wird hellgelb bis orangefarbig ohne Flecken gefordert. Immer hell – die Bohne. Eingefleischte Züchter erkennen an der Schnabelfarbe die Legetätigkeit der Enten – sie wird ein wenig blasser. Immer noch sind raue Oberschnäbel ein besonderes Thema in der Kritik. Schnabelhöcker ein hartes Wort, aber wer da ein Auge zudrückt muss beim lesen der Bewertung wohl beide schließen. Ohne wen und aber muss der Züchter hart durchgreifen, nur strikte Zuchtauslese schafft Abhilfe. Hut ab wer Alttiere vorstellt ihnen seien da ein paar grüne Punkte auf dem Schnabel verziehen. Aber bei Jungtieren ist Punkabzug angesagt, ebenso bei dunkler Bohne. Tiere mit schwarzer Bohne im Ausstellungskäfig möchte ich kurz mit schade fürs teure Standgeld kommentieren.

Die Farbe wird mit weiß angegeben. Aber weiß ist nicht gleich weiß. Da werden mir die versierten Heimwerker unter den Rassegeflügelzüchtern/rinnen wohl vollends zustimmen. Also warum sollten sich da unsere Entenrassen ausnehmen. Genau kennen wir vier Arten von weiß. Das 1. ist das silberweiß der Aylesburyenten, das 2. das gelbe weiß der Deutschen Pekingenten, das 3. ist das rahmige weiß der Streicherenten und eben dieses schlichte aber des- halb nicht minder schwieriger zu züchtende Weiß der Amerikaner. Bei soviel weiß heißt es Linie halten. Gottlob ist im Standardtext mit Rücksicht auf die Mauser im Herbst leicht gelber Anflug gestattet. Ich erinnere mich noch gut an die Tage unserer eigenen Amerikanischen Pekingenten. Blütenweiß waren die Burschen, bis zum ersten Schnee, sofort so zu sagen über Nacht hatten alle einen gelben Anflug. Warum? Es mag am lichtweißen Schnee liegen, eine plausible Erklärung habe ich bis heute nicht gefunden. Straff und fest anliegend wird das Gefieder gefordert. Hier sollten die Züchter auf harte, möglichst breite Deckfedern achten. Lockeres, flaumiges Gefieder drückt die Note. Mitunter kommt schon einmal Hals- krause vor, wenn dann auch noch Frisur nach Manier der deutschen Vettern zu sehen ist bleibt wohl nur den Weg als Sonntagsbraten zu gehen. Übrigens geben die Amerikaner einen ganz vorzüglichen Braten ab. Ich möchte keine Lawine lostreten – jedoch zwei Sätze zu den Erpellocken. Alles was ordentlich gerollt aus dem Schwanzgefieder herausragt ist ausreichend, gleichgültig wie viele Locken zu sehen sind. Nur wenn da gerade mal eine mickerige Federspitze so eben aus dem Schwanzgefieder ragt, das ist zu wenig. Genug zu diesem The- ma, mehr möchte ich der Akte Erpellocken gar nicht hinzufügen wollen.

An die Fütterung stellen die amerikanischen Pekingenten keine besonderen Ansprüche. Kör- nerfütterung bietet mehrere Vorteile. Neben der Bequemlichkeit in Lagerung und Verfügung ist der Aspekt einer festen Feder wohl hauptsächlich. Selbstverständlich ist für alle die über freien Auslauf und frisches Wasser verfügen die Fütterung mit Weichfutter eine preiswerte Alternative. Abends sollte jedoch zum Zweck der nächtlichen Sättigung immer eine Körner- ration verabreicht werden. Erfahrungsgemäß ist die Fütterung mit Mais und besonders dunk- lem Weizen nicht zu empfehlen.

Ihre Legeleistung von ca. 120 Eiern kann sich sehen lassen. Dafür schreiten die Damen eher selten zur Brut. Na ja mit Wirtschaftsgeflügel als Vorfahren lässt sich auch nichts anderes erwarten. In den riesigen Mastbetrieben ist weder Zeit noch Platz vorhanden. Ganz lapidar formuliert, so etwas würde den rationellen Ablauf stören. Da lob ich mir den Züchter der seinen Enten schon im Spätherbst liebevoll die Nester vorbereitet und ganz selbstverständlich einer brutlustigen Ente genügend Freiraum für diesen Urinstinkt einräumt. Umgekehrt ist es wenig verwunderlich, die Amerikaner sind äußerst Kunstbrutfest und ihre Schlupfrate lässt keine Wünsche offen. Die weißschaligen Eier haben im Mittel ein Gewicht von 70Gramm. Ob Kunst- oder Naturbrut, die wuseligen Wonneproppen bereiten Groß und Klein viel Freude. Den Küken verabreichen wir in den ersten Tagen ein Gemisch aus Hafer- flocken und Kükenmehl am besten mit einem Sud aus getrockneter Kamille (Kamillentee ist ebenso geeignet). Die Entlein wachsen rasch heran und begnügen sich mit handelsüblichem Kükenfutter. Es sollte ständig zur Verfügung stehen, erst im Halbstarkenalter wird in Rationen und zu festen Zeiten gefüttert, so meine eigene Erfahrung. Grünfutter, besonders Salat finden reisenden Absatz in der ganzen Sippe, egal ob alt oder jung. Trockene Einstreu, saubere Ausläufe und frisches Wasser in den Badebehältnissen sind für eingefleischte Wasser- bzw. Rassegeflügelzüchter eine Selbstverständlichkeit. Die beste Sorge ist die Vorsorge, saubere Tiere muss man nicht waschen. Gibt es trotzdem einmal Unreinheiten im Gefieder, so ist dieses vor der Ausstellung gegebenenfalls zu reinigen. Bitte nur sanfte Mittel verwenden und Vorsicht, so manche weiße Ente wurde schon „gelb“ gewaschen. Ganz am Rande erwähnt und nur der Vollständigkeit halber – Schnabel, Läufe und der Bundesring bedürfen vor jeder Ausstellung einer Reinigung. Anschließend wird mit einem im Fachhandel angebotenen Pflegeöl ganz sanft eingeölt. Frische Einstreu in die Transportkisten und ab geht’s zur ersten Ausstellung und Preise einheimsen.

Na auf den Geschmack gekommen? Sie sind bei weitem mehr als eine landläufige Wirtschaftsrasse. Unsere Amerikanischen Pekingenten sind Rassegeflügel vom allerfeinsten. Wir kommen natürlich nicht am Ursprung als Wirtschaftsgeflügel vorbei, aber was wir da in den letzten Jahren in den Käfigen sahen, war wirklich edelste Züchtungskunst. Ihre schlichte Eleganz verleiht ihnen großen Schauwert. Wäre es jetzt nicht an der Zeit es einmal zu probieren? Die Zunft der Amerikaner kann noch viele engagierte Züchter gebrauchen.

Paul-Erwin Oswald

Paul-Erwin Oswald

Über den Author: Erzüchter der Altrheiner Elsterenten, Author zahlreicher Fachartikel zur Geflügelzucht und seit dem Jahr 2007 Vorsitzender vom Sonderverein der Entenzüchter Deutschlands e.V.

Zudem präsentiert er in seinem Gimbsheimer Entenmuseum Gemälde, Porzellanfiguren, Bücher, Zeitungen, Briefmarken und vieles mehr über die Entenzucht und somit auch einen großen Fundus für und vom Sonderverein der Entenzüchter.

Nach oben scrollen